Wie der Dadaismus die Rechtschreibung revolutionierte
Die Welt ist dada
Der Dadaismus hat Jubiläum. Vor 100 Jahren wurde die Bewegung von Hugo Ball, Emmy Hennings, Tristan Tzara, Richard Huelsenbeck, Marcel Janco und Hans Arp in Zürich gegründet. Es war eine Gegenbewegung zu herkömmlicher Kunst, die übertrieben und satirisch dargestellt wurde.
Bestehende Werte sollten ad absurdum geführt werden. Die Künstler lehnten die gesellschaftlichen Werte ihrer Zeit ab.
Und heute? Die Bewegung lebt noch immer, sie hat zusätzliche Nachahmer gefunden. Die Anarchisten der Rechtschreibung. Meinte man bislang, dass es das reine Unvermögen war, zeigt sich jetzt, es ist das genaue Gegenteil. Bewusst werden Orthografie und Grammatik in sprachzersetzender Weise benutzt. Die korrekte Buchstabenfolge eines Wortes, der Satzbau, Groß-/Kleinschreibung und die Artikel werden willkürlich verändert. Satzzeichen sind dieser Bewegung komplett zum Opfer gefallen. Beliebte Stilmittel sind die falsch angewendeten Klitika: „bei so ne Aussage“, „hat heute nen Aldi auf“. Der Plural wird provokant benutzt, hier ein Beispiel zu einer Silberhochzeit: „nach 25 Jahren Ehen“. Eine wirkliche Herausforderung ist die Getrennt-/Zusammenschreibung: „..er wirkt durch einander“, da wird eine vollständig neue Sinngebung erfunden, die sich allerdings nicht jedem gleich erschließt. Aber das will der Dadaismus, er will provozieren und „über treiben“.
Die Entstehung dieser neuen Kunstform ist unklar. Bildungseinrichtungen zeigen sich machtlos, sie haben diesem Treiben nichts entgegenzusetzen. Unterstützen sie es möglicherweise?
woc